Das sagenhafte Ratshausener Wetterglöcklein - "Anne Susanne"
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am 06.08.2008 um 18:44 (3160 Hits)
Seit 600 Jahren für das Ratshausener Wetter mit verantwortlich: Das Wetterglöcklein in der St.-Afra-Kirche.
Die Ratshausener Bürger fürchten sich ein klein bisschen weniger vor schweren Unwettern, als ihre Nachbarn. Denn in der kleinen Schlichemtal-Gemeinde gibt es einen ganz besonderen Nothelfer - eine uralte Glocke im Turm der Kirche.
Seit rund 600 Jahren warnt das Ratshausener Wetterglöcklein die Einwohner der Schlichemtal-Gemeinde bei schweren Unwettern. Was früher lebensnotwendig war für die Bauern, die beim Klang der Glocke sofort vom Feld nach Hause eilten und Schutz suchten, ist heute nur noch ein Relikt aus alter Zeit. Oder ist vielleicht doch etwas dran an der alten Sage, die sich die Ratshausener schon seit langer Zeit erzählen?
Nachdem der Rottweiler Magistrat vor etlichen Jahrhunderten einmal von den guten Eigenschaften bei der Vertreibung des schlechten Wetters gehört hatte, wollte er den Ratshausenern das Glöcklein abkaufen, weiß die Legende. Die Bürger der kleinen Gemeinde waren lange unentschlossen. Einerseits brauchte man den Wetterschutz selbst, andererseits boten die Rottweiler eine stolze Summe. Um den Ratshausenern die Entscheidung zu erleichtern, meldete sich das Wetterglöckchen selbst zu Wort. Beim Läuten konnte man deutlich den Gesang des Wetterpropheten hören: "Anne Susannen, zu Ratshausen will ich hangen, zu Ratshausen will ich bleiben und alle schweren Gewitter vertreiben". Da fiel die Entscheidung leicht. Noch heute hängt das Wetterglöcklein im Glockenturm. Über Jahrhunderte hinweg hat "Anne Susanne" die Gewitter in Ratshausen vertrieben. Und das Lied, das das Glöcklein damals in den Gewitterregen hinaussang, lernen heute noch viele Kinder von ihren Eltern.
Manche glauben's, einige sind skeptisch und viele schütteln den Kopf. Aberglaube oder Humbug? Tatsache ist, dass in Ratshausen in den vergangenen Jahrhunderten nur ein Hagelschlag bekannt geworden ist. Am 20. Juni 1945 zerstörte ein schweres Unwetter 90 Prozent der Ernte. Aufgrund der Wirren des Kriegsendes vergaß man, die Wetterglocke zu läuten.
Vor allem die alteingesessenen Ratshausener hängen an ihrer "Anne Susanne". Nach dem schweren Gewitter in der Nacht vom 23. zum 24. Juni fuhr nach getaner Läutearbeit ein Blitz in die Glockenanlage. Für die Verantwortlichen stellte sich danach auch die Frage, wie man für Gerold Riede, langjähriger Betreuer von Turmuhr und Glockenanlage und verantwortlich für das Läuten des Wetterglöckchens, den Gang zur Sakristei erspart, um "Anne Susanne" in Bewegung zu setzen. Vor allem bei Nacht und in strömendem Regen eine undankbare Aufgabe.
Mit ihren magischen Tönen ist sie seit 600 Jahren nicht mehr aus der kleinen Gemeinde wegzudenken - ob sie letztendlich wirklich Einfluss auf das Wetter nehmen kann, ist angesichts der Verbundenheit der Ratshausener zu ihrer "Anne Susanne" dann auch fast schon nebensächlich.