„Baden-Württemberg muss Vorreiterrolle in der Umweltpolitik annehmen“
BUND und NABU fordern verbindliche Ziele bei Klimaschutz und Nachhaltigkeit
Umweltpolitik steht nach der gescheiterten Klimakonferenz von Durban und vor dem 20-jährigen Jubiläum des Erdgipfels von Rio auch 2012 ganz oben auf der politischen Agenda. Bei den Naturschutztagen in Radolfzell forderten die beiden großen Umwelt- und Naturschutzverbände BUND und NABU für das neue Jahr die verbindliche Festlegung von Klimaschutzzielen im angekündigten Klimaschutzgesetz sowie die Festlegung messbarer Ziele und geeigneter Indikatoren in der neu auszurichtenden Nachhaltigkeitsstrategie des Landes.
Radolfzell. „Baden-Württemberg muss in der Umweltpolitik eine Vorreiterrolle einnehmen“, sagten die Landesvorsitzenden von BUND und NABU, Dr. Brigitte Dahlbender und Dr. Andre Baumann am 6. Januar 2012 anlässlich der Naturschutztage in Radolfzell, „wenn das Land weiterhin für sich beansprucht, einer der wichtigen Innovationsstandorte in Deutschland und Europa zu sein, muss es sich den Herausforderungen der Zukunft stellen und dies auf gesetzlicher Ebene verbindlich verankern.“
Besonders wichtig sei in diesem Zusammenhang, dass im angekündigten Klimaschutzgesetz des Landes konkrete Klimaschutzziele festgelegt und die entsprechenden Regelungen, die derzeit in mehreren anderen Gesetzen und Verordnungen geregelt sind, zusammengefasst werden. Die im Klimaschutzgesetz festgelegten Ziele müssten als Zielvorgaben auch für die anderen Politikebenen gelten und mit Maßnahmen hinterlegt werden. „Entscheidend ist, dass die Landesregierung Zwischenziele für das Klimaschutzgesetz benennt und in regelmäßigen Berichten eine Erfolgskontrolle zur Umsetzung vorlegt. Nur auf diese Weise ist es möglich zu überprüfen, ob die festgelegten Maßnahmen auch wirklich greifen oder ob gegengesteuert werden muss“, so Brigitte Dahlbender.
Verbindlichkeit und Nachprüfbarkeit sind auch für den Erfolg der neu auszurichtenden Nachhaltigkeitsstrategie des Landes von entscheidender Bedeutung. „Wir begrüßen die Initiative der Landesregierung sehr, die Nachhaltigkeitsstrategie neu auszurichten und weiterzuentwickeln“, sagte NABU-Landeschef Baumann, „durch die klare Formulierung von Zielen und die Entwicklung aussagekräftiger Indikatoren kann die Regierung erreichen, dass die Strategie nicht nur ein Katalog frommer Wünsche bleibt. Wir brauchen eine Nachhaltigkeitsstrategie des Werktags. Denn Sonntagsreden über Nachhaltigkeit bringen uns keinen Schritt weiter.“ Wirtschaft, Verbände und Politik müssen nach Ansicht Baumanns für die wichtigsten Politikfelder verbindlich vereinbaren, wie die nachhaltige Entwicklung Baden-Württembergs gestaltet wird. „Gesetz für Gesetz, Entscheidung für Entscheidung, Cent für Cent der Staatsausgaben müssen der Nachhaltigkeit verpflichtet sein – sie müssen sozial gerecht, ökonomisch tragfähig und umweltverträglich sein. Auch die Art und Weise der Beteiligung gesellschaftlicher Gruppen ist frühzeitig zu definieren. Ohne die Bürgerinnen und Bürger geht es nicht“, so Baumann.
Einer der Meilensteine auf dem Weg zu einem effizienteren Klimaschutz und der Erhaltung der Biodiversität ist die Gestaltung der Energiewende in den kommenden Jahren. NABU und BUND empfehlen der Landesregierung, neben dem Ausbau der Windenergie auch die anderen erneuerbaren Energieträger zu fördern, indem diese bei Gebäuden eingesetzt werden, die sich im Landeseigentum befinden. „Dächer könnten für Photovoltaik-Anlagen zur Verfügung gestellt, Erdwärme für Heizung und Kühlung genutzt und landeseigene Liegenschaften energieeffizient saniert werden“, gibt Brigitte Dahlbender praktische Hinweise, „das Land der Häuslebauer muss zum Land der Häuslesanierer werden.“
Flankierend zum Ausbau der Erneuerbaren Energien ist eine Investitionsstrategie für ausschließlich mit Gas befeuerte Kraftwerke (Gas- und Dampf-Kraftwerke, Heizkraftwerke, Blockheizkraftwerke) sinnvoll. Diese gut regelbaren und hocheffizienten Kraftwerke können bei Bedarf auf das fluktuierende Stromangebot der Erneuerbaren Energien reagieren und sowohl mit fossilem Erdgas als auch mit Biogas befeuert werden. Die Abwärmenutzung solcher Anlagen für industrielle Prozesse kann durch eine strategische Ansiedlungspolitik von Firmen unterstützt werden. Durch die Einführung eines Energiekatasters könnten Standorte mit Win-Win-Effekten festgelegt und die Nachfrage nach Abwärme gesteigert werden.
Die Landesvorsitzenden von BUND und NABU betonten auch, dass die Förderung erneuerbarer Energieträger nicht ausreiche. „Die beste Klimaschutzmaßnahme ist die Verringerung des Energieverbrauchs“, sagte Brigitte Dahlbender. Hier müsse die Landesregierung voranschreiten und über Förderprogramme die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen fördern. Erhebliche Einsparungspotenziale schlummern beispielsweise im schnellen Austausch von Stromspeicherheizungen und in der Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED-Technik. „Die Rechnung ist klar“, fasst Brigitte Dahlbender zusammen, „je eher und je konsequenter Landesregierung und Wirtschaft die Maßnahmen für einen effizienten Klimaschutz umsetzen, desto deutlicher wird sich dies in Bilanzen und Haushalten niederschlagen. Jeder Tag Verzögerung bedeutet vermeidbare Kosten.“
Zum Abschluss appellierten die Landesvorsitzenden von NABU und BUND an die Landesregierung, im neuen Jahr sowohl dem Klimaschutz als auch der Erhaltung der Biodiversität verstärkt Beachtung zu schenken. „Als einziges deutsches Bundesland mit einer grün-roten Regierung und als einer der bedeutendsten Standorte Europas im Bereich innovativer Technologien hat Baden-Württemberg eine besondere Verantwortung für Klima und Natur inne“, so Brigitte Dahlbender und Andre Baumann.
Quelle: Presse/bund.net
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