Wenn ich in deine Augen seh' --- von HEINRICH HEINE
Wenn ich in deine Augen seh',
So schwindet all mein Leid und Weh',
Doch wenn ich küsse deinen Mund,
So wird ich ganz und gar gesund.
Wenn ich mich lehn' an deine Brust,
Kommt's über mich wie Himmelslust;
Doch wenn du sprichst: "Ich liebe dich!"
So muß ich weinen bitterlich.
Erster Verlust --- von JOHANN WOLFGANG VON GOETHE
Ach, wer bringt die schönen Tage,
Jene Tage der ersten Liebe,
Ach, wer bringt nur eine Stunde
Jener holden Zeit zurück!
Einsam nähr' ich meine Wunde,
Und mit stets erneuter Klage
Traur' ich um's verlorne Glück.
Ach, wer bringt die schönen Tage,
Jene holde Zeit zurück!
Wer je gelebt in Liebesarmen --- von THEODOR STORM
Wer je gelebt in Liebesarmen,
Der kann im Leben nie verarmen;
Und müßt' er sterben fern, allein,
Er fühlte noch die sel'ge Stunde,
Wo er gelebt an ihrem Munde,
Und noch im Tode ist sie sein.
Im Rosenbusch die Liebe schlief --- von HOFFMANN VON FALLERSLEBEN
Im Rosenbusch die Liebe schlief,
Der Frühling kam, der Frühling rief;
Die Liebe hört's, die Lieb' erwacht,
Schaut aus der Knosp' hervor und lacht,
Und denkt, zu zeitig möchte's halt sein,
Und schläft drum ruhig wieder ein.
Der Frühling aber läßt nicht nach,
Er küßt sie jeden Morgen wach,
Er kos't mit ihr früh bis spat,
Bis sie ihr Herz geöffnet hat,
Und seine heiße Sehnsucht stillt,
Und jeden Sonnenblick vergilt.
Liebe --- von OTTO JULIUS BIERBAUM
Es ist ein Glück zu wissen, daß du bist,
Von dir zu träumen hohe Wonne ist,
Nach dir sich sehnen macht zum Traum die Zeit,
Bei dir zu sein, ist ganze Seligkeit.
Du bist wie eine Blume --- von HEINRICH HEINE
Du bist wie eine Blume
So hold und schön und rein:
Ich schau' dich an, und Wehmut
Schleicht mir ins Herz hinein.
Mir ist, als ob ich die Hände
Aufs Haupt dir legen sollt',
Betend, daß Gott dich erhalte
So rein und schön und hold.
Liebesgedichte
Neue Liebe --- von JOHANN VON EICHENDORFF
Herz, mein Herz, warum so fröhlich,
So voll Unruh' und zerstreut,
Als käm' über Berge selig
Schon die schöne Frühlingszeit?
Weil ein liebes Mädchen wieder
Herzlich an dein Herz sich drückt,
Schaust du fröhlich auf und nieder,
Erd' und Himmel dich erquickt.
Und ich hab' die Fenster offen,
Neu zieh' in die Welt hinein
Altes Bangen, altes Hoffen!
Frühling, Frühling soll es sein!
Still kann ich hier nicht mehr bleiben,
Durch die Brust ein singen irrt,
Doch zu licht ist's mir zum Schreiben,
Und ich bin so froh verwirrt.
Also schlendr' ich durch die Gasse,
Menschen gehen her und hin,
Weiß nicht, was ich tu und lasse,
Nur, daß ich so glücklich bin.
Liebeständelei --- von THEODOR KÖRNER
Süßes Liebchen! Komm' zu mir!
Tausend Küsse geb' ich dir.
Sieh' mich hier zu deinen Füßen.
Mädchen deiner Lippen Glut
Gibt mir Kraft und Lebensmut.
Laß dich küssen!
Mädchen, werde doch nicht rot!
Wenn's die Mutter auch verbot.
Sollst du alle Freuden missen?
Nur an des Geliebten Brust
Blüht des Lebens schönste Lust.
Laß dich küssen!
Liebchen, warum zierst du dich?
Höre doch, und küsse mich.
Willst du nichts von Liebe wissen?
Wogt dir nicht dein kleines Herz
Bald in Freuden, bald in Schmerzen?
Laß dich küssen!
Sieh', dein Sträuben hilft dir nicht;
Schon hab' ich nach Sängers Pflicht
Dir den ersten Kuß entrissen! -
Und nun sinkst du, liebewarm,
Willig selbst in meinen Arm.
Läßt dich küssen!
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