Gemessen an den Ideen seiner Doktorarbeit aus dem Jahr 1991 muss Frank-Walter Steinmeier als erfolgreich gelten. Er promovierte über die Verhinderung und Beseitigung von Obdachlosigkeit, was wenigstens ihm selbst Obdach und Job in der niedersächsischen Staatskanzlei einbrachte. Das war ein wichtiger Schritt, denn zuvor in seiner Studienzeit erweckte er höchstens das Interesse vonStaatsministerien, wenn er seine journalistischen Versuche in Zeitschriften platzierte, die vom Verfassungsschutz überwacht wurden. Allerdings bewies er damals schon einen Hang zum praktischen Denken, denn im ASTA der Uni Gießen bekleidete der linke Juso das handfeste Amt eines Finanzreferenten. Von da an ging es bergauf mit Frank-Walter Steinmeier und seinen Jobs. Erst in Hannover, dann ab 1998 in Bonn und dann in Berlin. Staatssekretär, Beauftragter für die Nachrichtendienste, Chef des Bundeskanzleramtes, Bundesminister für besondere Aufgaben, Parteistratege der Sozialdemokraten und in dieser Funktion an der Reform des Renten- und Gesundheitssystems 2002 beteiligt, dann ein Jahr später für die Umsetzung der HartzReformen und die Steuerreform 2003 maß- geblich mitverantwortlich: so gut wie alles in der deutschen Innen- oder Außenpolitik trug und trägt seinen Stempel. Gelegentlich agierte er im Lager der Basta-Politiker, sein Bekanntheitsgrad stand lange Zeit im umgekehrten Verhältnis zu seiner Bedeutung und wenn er doch mal an die Öffentlichkeit geriet, dann im allwissenden und sorgsam abwägenden Ton des Oberlehrers. Heute kennt ihn jeder. Und wenn es nur wegen der sorgsam gescheitelten weißen Haare ist. Auf jeden Fall vermittelt er gern das Gefühl, mehr zu wissen als er sagt. gangenen Jahren, dass es Steinmeier egal war, wer unter ihm als Kanzler - oder später als Kanzlerin agierte. Er zog die Strippen im Hintergrund, ob als Chef des sagenumwobenen Steinmeier-Kreises, als Chef der nicht weniger geheimnisvollen StaatssekretärRunden und erst recht als Bundesminister des Auswärtigen oder als Vizekanzler. Als er nach der Bundestagswahl 2009 zum Chef der Opposition mutierte, geriet selbst dieser Job noch zum politischen Aufstieg. Denn die neue Regierung platzierte sich als Lachnummer und ab sofort war es für ihn die leichteste Übung der Welt, dem Wahlvolk jeweils zu erklären, wie man es richtig macht. Zumal seither (natürlich unter ihm!) ein Erzengel Gabriel schwebt. Hin und wieder neigt er zu ungewöhnlichen Formen der Selbstdarstellung. 2007 trällerte er gemeinsam mit seinem französischen Amtskollegen Bernard Kouchner einen Song, dessen Text für Integration warb und Gewalt ablehnte. Dumm nur, dass der türkische Songwriter, wie sich schnell herausstellte, von seinem eigenen Text so gar nicht überzeugt sein wollte. 2008 meinten US-Generäle, Steinmeier habe im Irak-Krieg über seinen Bundesnachrichtendienst so wichtige Informationen an die Amerikaner ge- sei. Dabei hatte sein Kanzler (also der Mann unter ihm) den amerikanischen Freunden doch eine Absage erteilt. 2009 fabulierte er in einem "Deutschland-Plan" von vier Millionen Arbeitsplätzen, die bis zum Jahr 2020 entstehen sollen und gleichzeitig sollten bis dahin 50 Prozent aller Jugendlichen eine Allgemeine Hochschulreife erreichen. Natürlich hat er bis dahin noch neun Jahre Zeit. Es schadet aber nicht, ihn am 3. März 2011 vor einem Hohen Grobgünstigen Narrengericht zu Stockach wenigstens stundenweise wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen
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