Der Ausbruch eines gefesselten Rumänen aus einer Zelle der Polizeidirektion VS wird immer schillernder. Nicht nur, dass der 23-Jährige barfuß aus einer als ausbruchssicher geltenden Zelle türmte: Der "Schrank von einem Mann" flüchtete fast nackt, nur mit Unterhose bekleidet und hüllte sich später in eine Decke. So will ihn auch ein Zeuge am Villinger Stadtrand gesehen haben, wie die Polizei gestern bestätigte. Die Suche per Hubschrauber blieb allerdings erfolglos.
Einwohner im Villinger Kurgebiet berichteten von Hubschraubergeräuschen, durch die sie mitten in der Nacht aufgeweckt wurden.
Fahndung mit Hubschrauber und Spezialkamera
Polizeipressesprecher Wolfgang Schyle bestätigt, dass aufgrund einer Zeugenaussage der Polizeihubschrauber mit Wärmebildkamera eingesetzt war. Doch die Spezialkamera konnte den Mann nicht orten.
Keine Spur
Bis jetzt hat die Polizei keine weitere heiße Spur von dem Mann mit der unbändigen Kraft, der in Villingen bereits mit dem legendären Riesen "Romäus" verglichen wird. Die Decke, mit der sich der Mann in Unterhose nach der Flucht bedeckte, hatte er von der Schlafpritsche der Zelle mitgenommen.
Zum Wiedereinbau des Zellenfensters mussten übrigens zwei starke Männer ran, um das Fenster anzuheben. "Romäus" hatte es alleine geschafft... Die Fahndung läuft auf Hochtouren. Die Polizei geht allerdings davon aus, dass der Mann bereits bei seinen Kontaktleuten untergetaucht ist.
Zellen galten als absolut ausbruchssicher
Seit 1998 steht das Gebäude der Polizeidirektion und damit die Arrestzellen. Noch nie sei ein Häftling ausgebrochen, weiß Schyle. Nur einmal sei einer durch ein Versehen einer Reinigungsfrau kurzzeitig entwischt, "absolut unspektakulär". Die Zellen sind nach landeseinheitlichem Standard gebaut und gelten als absolut ausbruchs- und schusssicher. "Da kann man eigentlich nicht ausbrechen", so der Polizeisprecher immer noch fassungslos.
"Die Kollegen konnten absolutes Vertrauen haben, dass hier niemand rauskommt", bestätigt Polizeidirektor Roland Wössner. Wie man nun erfahren musste, gebe es jedoch auch kuriose Fälle, bei denen man sich "an den Kopf fasse und nicht verstehe, wie das passieren konnte".
Der Häftling sei mit den Armen nach vorne gefesselt gewesen, damit er wenigstens seine Notdurft verrichten könne. Alles andere wäre menschenunwürdig, so Wössner. Doch so konnte der Mann mit den Händen "arbeiten".
Der Ausbrecher muss ein Profi sein
Die Art des Ausbruchs lässt die Polizei darauf schließen, dass der Ausbrecher ein erfahrener Profi ist und bereits öfter eine Zelle von innen gesehen haben muss. Gefahr für die Bevölkerung habe aber lediglich am ersten Tag und der ersten Nacht nach dem Ausbruchs bestanden, als der Rumäne auf der Suche nach Kleidung oder Transportmitteln war. Deshalb sei auch aktuell der Aufruf verbreitet worden, keine Anhalter mitzunehmen.
Dass der Mann jemanden bedroht hat, sei nicht bekannt geworden, erklärt der Polizeidirektor. Der Mann sei zwar ein Profi-Einbrecher und gehöre vermutlich einer kriminellen Organisation an, aber kein gefährlicher Gewalttäter, macht auch Schyle deutlich. Polizeidirektor Wössner appelliert angesichts der Erfahrungen bei der Festnahme der beiden Rumänen in einem Wald bei Titisee-Neustadt an die Bevölkerung: "Bei allem, was im Wald seltsam erscheint, die Polizei benachrichtigen".
In Titisee-Neustadt waren zum Beispiel zunächst in einen Müllsack Bekleidungsstücke gefunden worden. Nach über 30 Stunden Überwachung der Utensilien konnten die Übeltäter festgenommen werden.
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