Der Bundesrat hat die Arbeitgeber aufgefordert, ihre Mitarbeiter aus dem Homeoffice arbeiten zu lassen – sofern möglich. Bei Coop sei das aber verboten, klagen Angestellte. Das Unternehmen dementiert.

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Wegen des Coronavirus steht das öffentliche Leben in der Schweiz fast still. Um die Ausbreitung zu verlangsamen, hat der Bundesrat die Schulen geschlossen und alle Veranstaltungen mit mehr als 100 Personen verboten. Fürs Arbeitsleben empfiehlt er, wo möglich auf Homeoffice umzusatteln.

Nicht alle Arbeitgeber sind bei diesem Thema flexibel. Der Coop-Mitarbeiter L.W.* klagt gegenüber BLICK: «Wir könnten problemlos von zu Hause aus arbeiten, aber wir dürfen nicht!» Beim Detailhandelsriesen – Coop beschäftigt über 90'000 Mitarbeiter – arbeiten längst nicht alle an den Kassen. Doch auch wer in der Administration arbeite, müsste ins Büro kommen.

«Das ist verantwortungslos», findet der Coop-Mitarbeiter, der anonym bleiben will. Auch abgesehen von der Corona-Krise sei Homeoffice bei Coop nicht gern gesehen. Ausnahmen können nur direkte Vorgesetzte erlauben. «Dabei wäre das technisch problemlos möglich.»

Ein Drittel darf zu Hause bleiben

Coop weist die interne Kritik als falsch zurück. Schon diese Woche seien flexible Arbeitszeiten – inklusive Homeoffice – eingeführt worden, sagt Mediensprecherin Rebecca Veiga. Und: «Coop hat die Regelung am Freitagabend ausgeweitet.» Ab Montag werde nun für ein Drittel aller Büroangestellten Homeoffice ermöglicht.

Wie der «Tages-Anzeiger» berichtete, ist Coop überdies bei der Kinderbetreuung wenig kulant: Bislang mussten Eltern Ferien beziehen, wenn sie wegen geschlossenen Schulen zu Hause Kinder betreuen mussten. Auch diesen Vorwurf weist Veiga zurück. Für Kinderbetreuung bezahle Coop bis zu drei Tage lang den Lohn weiter. «Sollte jemand in dieser Zeit noch keine Alternative gefunden haben, suchen wir gemeinsam nach individuellen Lösungen.»

10 Milliarden für die Wirtschaft

Klar ist: Die neusten Massnahmen des Bundesrats sind nicht nur für Coop, sondern für die Wirtschaft dicke Post. Die Landesregierung hat deshalb ein Notfallpaket mit zehn Milliarden Franken geschnürt. Acht Milliarden allein sind dafür gedacht, um die Kurzarbeit zu finanzieren. Das klingt nach viel Geld. Doch Schweden, wirtschaftlich vergleichbar mit der Schweiz, stellt gar 50 Milliarden für die Corona-Folgen bereit.

Und die Gesuche für Kurzarbeit aus den Kantonen gehen durch die Decke. Wie lange reichen also acht Milliarden, wenn die Schweiz unter Umständen noch längere Zeit im Ausnahmezustand ist? Klare Antworten sind hier schwierig zu bekommen. Beim Wirtschaftsdepartement zeigt man sich auf Anfrage von BLICK «überzeugt, dass die bereit gestellten Mittel der Situation angemessen sind», wie Sprecher Erik Reumann sagt.

Wirtschaftsdepartement bittet um Verständnis

Auch sonst sind noch viele Fragen offen. Wer sein eigenes Unternehmen hat oder im Stundenlohn arbeitet, kann nicht von Kurzarbeit profitieren. Hier bleibt das Wirtschaftsdepartement zumindest vorerst eine Antwort schuldig. «Es werden weitere kurz-, mittel- und langfristige Massnahmen folgen», so Reumann. «Es braucht jetzt Verständnis von allen Beteiligten, dass noch nicht alle Fragen sofort geklärt sind.»

* Name der Redaktion bekannt

https://www.blick.ch/news/politik/mi...d15796972.html