Auch im 19. Jahrhundert liebten die Adeligen und wohlhabenden Bürger Statussym-bole, nur waren sie anderer Art als heute. So musste es damals beispielsweise zu einer Hochzeit ein eigens gefertigter silberner Neptun-Tafelbrunnen von enormer Größe sein. Wer die Räume der Sonderausstellung im Radolfzeller Stadtmuseum be-tritt, schaut daher überwältigt auf die Pracht aus Gold und Silber, kunstvoll bemaltem Porzellan und Email, herrliche Glasobjekte und feine Elfenbeinschnitzereien – alles in großartiger kunsthandwerklicher Ausführung. Bis zum 26. September zeigt diese ein-zigartige Ausstellung „Triumphzug, Prunkgefäß und Plauderstündchen“ Kostbarkei-ten, die früher beispielsweise im Besitz von König Ludwig II oder der schönen Kaise-rin Sissi, dem Adel oder reicher Bürgerhäuser waren. Etliche Geschichten hierzu ma-chen diese Zeit um Biedermeier und Historismus noch lebendiger. Und der beliebte Maler Carl-Sitzweg lieferte seine hintergründigen Motive dazu. Neben dem ständigen Spitzweg-Kabinett sind daher ganz bekannte Werke von ihm zu sehen. So heißt es unter anderem im Gästebuch des Museums: „Grandiose Ausstellung – zum Wieder-kommen! Triumph der Schönheit! Erstaunlich, was von Menschenhand gemacht wer-den kann.“
An den Vitrinen geht man sogleich näher heran, um all die kunsthandwerklichen Details ausgiebig zu betrachten und staunt über die großartige Fertigkeit, die hier jedes Exponat prägt. Die meisten Objekte stammen aus zwei privaten Sammlungen und sind nur einmalig hier in Radolfzell zu sehen. Dazu gehören prachtvolle Pokale und Gefäße, Kunstwerke der damaligen großen Weltausstellungen und frühere Besitztümer gekrönter Häupter Europas. Ein Höhepunkt ist das Spitzwegbild, das „Plauderstündchen vor der Storchenapotheke“, das ausschließlich in dieser Ausstellung gezeigt wird und danach wieder unter Verschluss kommt. Weitere typische Spitzwegbilder wie etwa das „Ständchen im Mondschein“ oder der „Hagestolz“ ergänzen das malerische Ensemble. Auch zu den anderen Ausstellungsberei-chen hat Kulturreferent Karl Batz Kostbarkeiten aus großen Museen und Sammlungen hin-zugenommen, um das faszinierende Kunsthandwerk dieser Epochen und die kulturge-schichtliche Thematik vielschichtig darstellen zu können. Die Besucher profitieren davon und können sich nicht satt sehen an all der detailverliebten Pracht. Hinzu kommen auf-schlussreiche Erläuterungen und spannende Geschichten – auch nachzulesen im reich be-bilderten Ausstellungskatalog.
So wird der Besuch auch zu einem Gang durch die Lebensweise und Epochen im 19. Jahr-hundert, die neben politischen Veränderungen in ihrer Kulturgeschichte verschiedene Brü-che, Sehnsucht nach bürgerlichem Idyll, aber auch den Wunsch der Reichen nach Prunk verdeutlichen. Das alles ist verbunden mit feinster Handwerkskunst, die auch heute noch verblüfft und die Besucher zu überschwänglichen Notizen ins Gästebuch veranlasst.
Neben öffentlichen Führungen jeden Sonntag von 10.30 bis 11.30 Uhr, gibt es Sonder- und Kurzführungen, Angebote für interessierte Gruppen und spezielle Kinderaktionen. Öff-nungszeiten: Di-So: 10-12.30 Uhr, 14-17.30 Uhr, Do: bis 20 Uhr. Weitere Information: Stadtmuseum Radolfzell, Seetorstraße 3, 78315 Radolfzell, Tel. +49(0)7732- 81 530, muse-um@radolfzell.de, Stadt Radolfzell am Bodensee | Stadtmuseum (Flyer zum Download).
Foto:
Die prachtvollen Darstellung des französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV ziert auch Plaka-te, Flyer und die Fahnen vor dem Radolfzeller Stadtmuseum
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