Erster Preis an Ralf Kahlke und sein Bild „Lebensraum“
Kirchen, Dome und Türme haben es Ralf Kahlke schon seit seiner Kinderzeit angetan. So prägen sie auch sein mit Acrylfarbe und Wachs geschaffenes Bild „Lebensraum“, das den diesjährigen Hauptpreis des bundesweiten Wettbewerbes für behinderte Künstler erhielt. In jedem Urlaub musste ein Dom angesteuert werden. Kein Turm, keine Treppe war ihm zu hoch oder zu steil. Diese Leidenschaft spiegelt sich in seinen Zeichnungen wider, wobei er auf die kleinsten Details achtete. In der Lebenshilfe Bisingen und der Kunstakademie U7 für behinderte und nichtbehinderte Künstler wurde seine Kreativität gefördert und sein Selbstvertrauen gestärkt. Die Anerkennung durch den Hauptpreis unter 251 Mitbewerbern beim Bundes-Kunstpreis 2011 zu erhal-ten, war führ ihn ein besonderer Höhepunkt.
Oberbürgermeister Dr. Jörg Schmidt begrüßte die zahlreichen Teilnehmer aus ganz Deutschland, von denen viele extra an den Bodensee reisten, um bei dieser überregional beachteten Preisverleihung dabei zu sein. Besonders freute er sich über die steigende Re-sonanz in der Bevölkerung. In dem Grußwort von Bundespräsident Christian Wulff als Schirmherrn, das er verlas, heißt es hierzu: „Kunst in ihrer Vielfalt leistet seit jeher Unver-zichtbares; sie trägt heute mehr und mehr auch dazu bei, dass wir Menschen einander nicht nach einer Behinderung beurteilen, dass jeder Mensch sich mit seinen individuellen Bega-bungen und seiner eigenen Persönlichkeit in die Gemeinschaft einbringen und am sozialen Leben teilhaben kann.“ Zu diesem Sich-Einlassen auf die individuellen Begabungen und die vielfältige Ausdrucksweise der teilnehmenden Künstler lud auch Kulturreferent Karl Batz in seiner Laudatio ein. Den besten Schritt zur Überwindung möglicher Hemmnisse zwischen Behinderten und Nichtbehinderten machten die Künstler selbst, die mit einer tiefen, ganz aus dem Herzen kommenden Freude ihre Preise entgegennahmen. Gemeinsam mit weiteren behinderten Künstlern verliehen sie dem Festakt mit ihrer Spontaneität und Fröhlichkeit eine ganz eigene, heitere Stimmung, die keinen unberührt ließ.
In der durch die Trachtengruppe und das Bläsersextett der Stadtkapelle mitgestalteten Feier wurden auch die weiteren 19 Preisträger gewürdigt. Aus den Händen von Persönlichkeiten der Stadt, der Jury, dem Spenderkreis sowie dem Radolfzeller Behindertenbeauftragten Raimund Futterer erhielten sie neben Rosen und Urkunden ein Preisgeld von jeweils 200 Euro. Der erste Preis war mit 500 Euro aus der städtischen Carl-Müller-Mettnau-Stiftung do-tiert. Mitglieder des AWO-Treffpunktes Thomasstraße in Berlin, der Zieglerschen Behinder-tenhilfe Wilhelmsdorf, der Kraichgauer Kunstwerkstatt Sinsheim, dem Heim Pfingstweid Tettnang oder des Caritasverbandes Konstanz gehören neben vielen anderen zu den dies-jährigen Preisträgern. Für eine Geehrte, die nicht selbst anreisen konnten, nahm ihr Betreuer gerne den Preis entgegen.
So unterschiedlich wie die Herkunftsorte der insgesamt 252 beteiligten Künstler ist auch die künstlerische Ausdrucksweise in den Bildern und Skulpturen, was Farbgebung, Technik und Gestaltung anbelangt. So hatte die fachkundige Jury keine leichte Wahl. Sie bewertete nur nach künstlerischen Kriterien, ohne Kenntnis der jeweiligen Schicksale der Künstler. In einer Ausstellung bis zum 13. Juni 2011 kann jeder einen Spaziergang durch das faszinierende Spektrum der künstlerischen Werke antreten. Neben der diesjährigen Ausstellungsbroschüre für 3 Euro kann man auch die meisten der Exponate erwerben. Kulturamtsleiterin Astrid Deterling und ihr Team, die die umfangreiche Vorarbeit leisteten, haben bereits etliche Favo-riten, die sie am liebsten mit an die heimischen Wände nehmen würden. Die Ausstellung mit allen 252 Werken ist jeweils Dienstag bis Sonntag und feiertags von 14 bis 17.30 Uhr in der städtischen Galerie Villa Bosch, Scheffelstraße 8 zu sehen
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