Nein, das siebte Internationale Seehafenfliegen am Samstag ist nicht ins Wasser gefallen, und das obwohl alle Teilnehmer zwangsläufig im kühlen Nass planschten. Trotz Dauerregens war im Lindauer Hafen einiges los. Gleich vorneweg: Was Scrat, dem Rattenhörnchen im Film „Ice Age“ nie gelang, gelingt seinem fliegenden Bruder in Lindau auf Anhieb. Es erwischt die Eichel und räumt fast alle ersten Plätze ab.
Doch der Reihe nach: Samstagnachmittag 16 Uhr. Zögernd füllt sich die Hafenpromenade zwischen Bahnhofsgebäude und Eilguthalle. Im Fliegerlager, parallel zur Leuchtturmmole, stehen unterhalb der Abflugrampe die Bruchpiloten, ihre fliegenden Untersätze und Teams bereit. Ihre aufgeregte Vorfreude ist spürbar.
Eine Viertelstunde später traut man seinen Augen kaum: Regenschirme soweit das Auge reicht. Viele treue Besucher sind zum Seehafenfliegen gekommen. Mitten unter ihnen, die vielleicht älteste an diesem Nachmittag, Luise Bleyle. Die Lindauerin wird am 11. Juli 93 Jahre alt. An diesem Mittag steht sie fröhlich im Regen, lacht herzlich über die Späße der Radio 7-Moderatoren Marc Herrmann und Schmitti und tanzt ausgelassen zur Warm-up-Musik.
„Das Seehafenfliegen ist so eine schöne Veranstaltung. Die muss jeder Lindauer unterstützen“, erklärt die rüstige Rentnerin und singt mit PS Alex, dem Prominenten Piloten von der Bodensee-Community „Seechat.de“ dessen Hit „Wenn ich den See seh, brauch ich kein Meer mehr“.
Lindau statt Malle
Der erste Countdown: PS Alex stürzt sich mit seinem Fluggerät – einem Bodensee, Marke Seechat.de, ins Hafenbecken. Nach glatter Fahrt über die Rampe, und sauberer Flugphase, setzt der Bodensee spritzarm auf dem Bodensee auf. Es folgt ein emotionaler Höhepunkt. Benny aus dem Schwarzwald ist am Mittag, in dem Glauben er fliege zum Junggesellenabschied mit seinen Freunden nach Malle, in Lindau angekommen. Jetzt steht er verwirrt auf der Rampe und steigt auf sein „Hochzeitsauto“, einen roten Bobbycar. Die Fahrt gelingt, in der Luft schmeißt er das Bobbycar in hohem Bogen von sich und landet sanft im See, statt im Hafen der Ehe.
„Sie fürchten weder Tod noch Wasser“ hat der Stammtisch Stetten mit Pilot Björn Mocsnek ihr Flugprojekt „Top Shot“ betitelt, welches ihnen den zweiten Platz für die schönste Flugphase einbringen wird. Die Wasserburger Badewanne geht als coole Blaumann Truppe an den Start.
Es ist immer wieder erstaunlich, wie wandelbar so eine Badewanne ist. Und doch, zeigt die Erfahrung der vergangenen Jahre, sie ist schon besser geflogen. Was aber absolut beachtenswert ist, ist der erdige Trommelsound der sie begleitet und mit dem sich die Truppe rhythmisch den dritten Platz in der Kategorie beste Show sichert.
Auf der Rampe baut das nächste Team einen ganzen Saloon auf. Pilot Sascha Wittenbecher von den Tieffliegern Zuffenhausen steht hinter dem Tresen. Sein Team purzelt die Rampe rauf und runter und nachdem sie den Partysong „Komm hol das Lasso raus“ zelebriert haben, sticht der kompakt gebaute Flug-Saloon in den See. Kaum zu glauben, aber das klobige Fluggerät schafft es, in Rückenlage einige Meter zu fliegen und beinahe elegant auf der Wasseroberfläche aufzusetzen.
König der Herzen statt Pechvogel
Nächster Starter ist das Team Kälte Fritz. Es bringt den absoluten Liebling des Seehafenfliegens auf die Rampe: Scrat, das Rattenhörnchen aus „Ice Age“, in acht Meter langer Riesenflugversion. Trotzdem ist es so knuffig und samtig weich, dass jeder es gerne streicheln möchte. Bevor es mit seinem Piloten Timo Fritz fliegen darf, tanzt seine Crew den Sid-Shuffle.
Damit alle mittanzen können, wird das Original auf der Leinwand übertragen. Seehafenfliegen-Initiator Markus Nöser-Baldi tanzt brav auf dem Show-Floß mit, weil er eine Wette verloren hat. Scrat, der im Film ein echter Pechvogel ist, räumt beim Seehafenfliegen drei von vier ersten Plätzen ab. Unter anderem wird er Sieger in der Gesamtwertung. Und neben Bräutigam Benny, der bei der Siegerehrung seine eigene Schwarzwald-Show abzieht, ist er der absolute König der Herzen.
Es folgt Mario Kart der Rad Union Wangen. Nette Show, kurzer Flug und gelungene Landung. Das Finale geben die Titelverteidiger Crazy Mexicans aus dem Frankenland, auch bekannt als die „Frankonia Vikings“. Pilot Johannes Scheuerlein wassert den Sombrero elegant. Damit erfliegen sie Platz eins für die schönste Flugphase und Platz zwei in der Gesamtwertung.
Das Schlusswort hat Landrat Elmar Stegmann, der erstmals Mitglied der Jury war: „Ich bin begeistert von dieser Veranstaltung, die so viel Engagement von den Organisatoren und den Teilnehmern verlangt und für alle, inklusive der bewundernswerten Zuschauer, die trotz Unwetter ausgehalten haben, so viel Spaß bringt.“
Die Wertung
Das schönste Flugobjekt: 1. Ice Age, Team Kälte Fritz, 2. Wild West in Lindau, Tiefflieger Zuffenhausen, 3. Top Shots, Stammtisch Stetten.
Die beste Show: 1. Ice Age, Team Kälte Fritz, 2. Sombrero, Crazy Mexicans, 3. Blaumann Truppe, Wasserburger Badewanne.
Die schönste Flugphase: 1. Sombrero, Crazy Mexicans, 2. Top Shots, Stammtisch Stetten, 3. Ice Age, Team Kälte Fritz.
Die Gesamtwertung: 1. Ice Age, Team Kälte Fritz, 2. Sombrero, Crazy Mexicans, 3. Wild West in Lindau, Tiefflieger Zuffenhausen.
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